Wie auf einem Tablett –
Das Stapelhaus in Herrliberg (CH) überzeugt mit seinem Konzept
«Gestapelte Einfamilienhäuser» nennt Sabine Bär von Wild Bär Architekten das Mehrfamilienhaus, das vergangenes Jahr in einem gehobenen Wohnquartier ausserhalb von Zürich erstellt wurde. Jede Wohneinheit wird entsprechend gleichberechtigt behandelt. Auf einer Kuppe hoch über dem See bietet sich allen Bewohnern – ganz gleich, ob oben oder unten, in der Wohnung oder auf dem Balkon – ein vergleichbarer Ausblick. Dennoch ist jedes der vier Stockwerke eigenständig gehalten: Das Parterre bietet Platz für zwei Mietwohnungen mit direktem Zugang zum Garten. Hangseitig beherbergt es die Kellerräume aller Parteien. Darüber liegen zwei Geschoss-Wohnungen, die über grosszügige und gut geschützte Loggias verfügen. Mit Dachterrassen auf der Vorder- und auf der Rückseite versehen ist dagegen die grosszügige Attikawohnung. Alternierend aufschiebbare Glastüren erlauben einen freien Zugang zum Aussendeck. Prägendes Merkmal am Stapelhaus sind die mächtigen Zwischenböden, auf denen sich die rundum verglasten Wohngeschosse präsentieren. Die Glasfassade hält zum teilweise abgeschrägten Rand mindestens einen halben Meter Abstand. Auf allen vier Seiten gibt der Umlauf zusätzlichen Platznach innen – für eine unterschiedlich grosse Loggia – frei. Die tablettartige Anordnung und der schwebende Effektder Stockwerke werden durch das Fehlen massiver vertikaler Elemente betont. Die einzige visuelle Verbindung zwischen den Etagen schaffen paraventartige Lamellen, die zudem einen seitlichen Sichtschutz bieten. Effektiv hält sich das viergeschossige Gebäude auf Stützen, die sich – innen und aussen – als unregelmässiges Raster über die einzelnen Geschosse verteilen. Tragend sind zudem das gemeinsame Treppenhaus im nordöstlichen Hauswinkel, über das die Wohnungen von der Tiefgarage aus zugänglich sind, sowie ein kistenförmiger Betonkern. Dieser dient als Steigzone für Haustechnik und Wasserleitungen und beherbergt auf jedem Geschoss ein eigenes WC sowie die Waschküche. Um diese Nasszellen herum zieht sich der kaum unterteilte Wohn- und Lebensraum. Die Geschosswohnungen beherbergen im westlichen Teil den zusammenhängenden Koch- und Essbereich. Einzig auf der gegenüberliegenden Seite befinden sich Zimmer, die klassisch voneinander abgetrennt sind. Der Grundriss bleibt so weitgehend offen. Von der transparenten Hülle profitieren auch die abgetrennten Räume an der Ostfassade. Die Schlaf- und Badezimmer werden jeweils von der Morgensonne angestrahlt. Auch hier bieten verstellbare Lamellen den Sichtschutz. Die hohe Wohnqualität im Herrliberger Mehrfamilienhaus ist aber nicht nur dem unverstellten Panoramablick über den Zürichsee zu verdanken. Der Ausgang ins Freie ist fast unbeschränkt und auf allen Etagen möglich. Ebenso abwechslungsreich gestaltet wie die Wohnungen ist der Aussenraum. Gegen Süden sind die Loggias als Sonnenterrasse nutzbar; auf den übrigen Seiten sind sie mit Steinen, Kiesflächen oder einem Wasserbecken versehen.Somit besitzt jede Wohnung, einem Einfamilienhaus ähnlich, einen eigenen Kleingarten.
Quelle: Paul Knüsel, NZZ am Sonntag, 18 Mai 2008
Objekt: Neubau Wohnhaus mit 5 Eigentumswohnungen und Tiefgarage, Herrliberg (CH)
Leistungen: Entwurf, Baueingabe, Ausführung, Ausschreibung, örtliche Bauleitung
Ausführungszeitraum: 2005 – 2007
Christian Dürr, Projektarchitekt & Bauleiter bei wildbärheule architekten, zürich
CHRISTIAN DÜRR
Architekt
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